ich hatte vor einigen Tagen nach Tipps für die Entfernung von Kratzern in Chopperscheiben gefragt. Leider kam nicht viel dabei herum, weshalb ich einen Selbstversuch mit einer MRA - Scheibe gestartet habe, die entsorgt werden sollte. Trotz meiner Erfahrungen aus Airbrush, Lackierung und Smart - Repair war das eine echte Herausforderung.
Bevor ich in die Details gehe, klären wir mal einige Begriffe, damit wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Die Scheiben der meisten Markenhersteller werden wohl aus dem Kunststoff PMMA ( Klug geschissen: Polymethylmethacrylat) hergestellt, was letztlich nichts anderes ist, als Plexiglas - auch wenn jeder Hersteller von sich behauptet, ein speziell für ihn entwickeltes PMMA einzusetzen

Diese Scheiben gibt es in klar und verschiedenen Tönungen und wohl auch beschichtet. Alles, was ich hier schreibe, ist für die unbeschichteten Markenscheiben gedacht. Ob die Anleitung auch hierür funktioniert, müsste separat und praktisch überprüft werden!
Soviel zum Material. Kommen wir jetzt zur Definition der Schäden:
Wenn ich von einem Kratzer spreche ist das ein relativ massiver Oberflächenschaden. Der Maßstab hier ist immer der Fingernageltest (wie auch bei Auto - bzw. Motorradlackierungen!!): Man geht mit dem Fingernagel quer über die Beschädigung - bleibt der Nagel hängen, ist es ein Kratzer. Spürt man nur eine gewisse Rauhigkeit ist das für mich kein Kratzer, sondern eine relativ problemlos zu entfernende "Abschabung". Ich hoffe, man versteht, was ich meine

Kommen wir nun zu der oben erwähnten Scheibe:
Ich habe wirklich alles versucht, die Schäden einigermaßen darzustellen - es ist mir leider nicht gelungen, da ich nicht der größte Fotograf unter der Sonne bin

OK, ich hoffe, Ihr könnt erkennen, dass es sich um teilweise erhebliche Schäden handelt. Was ist zu tun, was kann man machen?
Wichtig: Anders, als beim Autolack, dürft Ihr hier keine Poliermaschine, auch keine profesionelle Maschine, wie ich eine habe, einsetzen. Diese Maschinen drehen mit mindestens 300 UpM - und das ist zu viel! Da entsteht Hitze, die der Kunststoff nicht mag! Bei diesen Scheiben müsst Ihr ausschließlich mit der Hand arbeiten!!
Was braucht Ihr an Werkzeugen und Material?
1. Nassschleifpapier Körnung 2000
2. 3 M - Schleifblüten 268L Finesse - it micron abrasive discs (entspricht etwa Körnung 8000)
3. Schleifpolitur
Normalerweise könnt Ihr hier jedes Markenfabrikat nehmen, da alle Markenfabrikate heute löse - bzw. lösungsmittelfrei sind. Ich habe, nach Rücksprache mit verschiedenen Herstellern, Menzerna Medium Cut Polish 2500 Politur eingesetzt. Das ist eine Politur, die von Profis maschinell eingesetzt wird, aber auch mit der Hand genutzt werden kann und hervorragend funktioniert.
4. Finish Menzerna Super Finish 3500 Autopolitur
Die einzelnen Arbeitsschritte am Beispiel tiefer Kratzer:
1. Im ersten Arbeitsgang v o r s i c h t i g mit Nassschleifpapier (K 2000) mit leichten, kreisförmigen Bewegungen anschleifen. Nicht zu fest aufdrücken und in kurzen Abständen mit einem Tuch trocken reiben. Achtung: Keinen Schrecken bekommen! Ihr habt jetzt eine "blinde Stelle" in der Scheibe, die uns im Moment noch nicht interessiert Ihr könnt sehen, ob Euere Schleifbemühungen schon Erfolg zeigen und der Kratzer weniger tief ist. Wenn Euch das noch nicht ausreicht, könnt Ihr entweder noch einen vorsichtigen, weiteren Schleifgang starten oder mit dem 2. Schritt weiter machen!
2. Nach der "groben Phase", die sich durch eine blinde, jetzt aber ansonsten glatte und kratzerfreie Stelle kennzeichnet (Fingernageltest!!), setzt Ihr die o. g. Schleifblüten ein. Die Schleifblüten haben einen Durchmesser von ca. 35 mm und sind selbstklebend. Ihr müsst Euch entweder aus einem runden Besenstiel das Arbeitsgerät selbst bauen oder kauft es beim Lackhändler Eures Vertraues. Diese Schleifblüten nehmen nur noch ganz wenig Material weg, reduzieren die blinde Stelle und bereiten den nächsten Arbeitsgang vor.
3. Polieren mit der Schleifpolitur
Auch die Schleifpolitur nimmt, wie der Name ja schon andeutet, Material weg und macht die blinde Stelle wieder klar.
4. Im letzten Arbeitsgang kommt das Finish. Hier wird die gesamte Scheibe aufpoliert und die Oberfläche gegen äußere Einflüsse geschützt. Jetzt sollte die Scheibe ungefähr so aussehen, wie die von mir bearbeitete und vor der Verschrottung gerettete MRA - Scheibe. Ich denke, der Zeitaufwand von rd. 3 Stunden (die meiste Zeit habe ich wohl mit Fotografierversuchen verbracht!!

So, damit wäre eigentlich alles gesagt. Bitte daran denken: Ihr habt es mit einer relativ weichen Kunststoffoberfläche zu tun - das ist kein Glas oder Metall. "Grobmotoriker" sollten also vorher ein wenig "Feingefühl" üben.
Wer Fragen hat, kann sich gerne an mich wenden. Ansonsten hoffe ich, dass Ihr diese Anleitung einsetzen könnt und den einen oder anderen Euro einsparen könnt.
Es grüßt Euch aus Bingen
Erich